Friday, January 29, 2010

Absolutes oder relatives Risiko?

From my Science Column at Tageblatt:
Heutzutage lassen sich viele Kurzsichtige die Augen lasern. Bei der LASIK-Operation wird die Oberfläche der Hornhaut angeschnitten und umgeklappt, dann brennt der Laser die oberste Schicht ab und die Oberfläche wird wieder angeklebt. Der Heilungsprozess ist relativ problem- und schmerzlos, und das Resultat lässt sich sehen: volle Sicht. Ich habe mich LASIK auch unterzogen. Aber, das Risiko ist nicht gleich null: eine von 10.000 Operationen hat laut einer Studie schwere Folgen. Würden Sie LASIK einem Freund empfehlen?

Wie lautet Ihre Antwort? Vielleicht sagen Sie, dass es von der Risikobereitschaft Ihres Freundes abhängt oder davon, wie stark seine Kurzsichtigkeit sein Leben beeinflusst. Wenn ja, haben Sie
einen Denkfehler begangen wie die meisten Leute beim Einschätzen von Risiken. Eine wissenschaftliche Information wie das Risiko 1:10.000 ist nutzlos, wenn Sie sie nicht richtig einsetzen. Sie arbeiten mit einem absoluten statt einem relativen Risiko.

Wenn Sie LASIK nicht machen, dann müssen Sie eine Alternative wählen. Kein LASIK heißt entweder Brille, Kontaktlinsen oder keine Sehhilfe. Viele, die sich aus Angst vor dem Risiko nicht zu LASIK entschließen, tragen aber Kontaktlinsen. Das Risiko habe ich auch nachgeschlagen: Einer von Hundert wird nach jahrelangem Tragen eine Augeninfektion bekommen. Ich habe da eine Geschichte gelesen, in der eine Amöbe unter der Linse das Auge angefressen hat! Schrecklich. Sehen Sie, was ich sagen will? LASIK ist vielleicht sicherer als Kontaktlinsen, weil Kontaktlinsen ein höheres Risiko darstellen. Und wie steht’s mit der Brille? Die ist wahrscheinlich die sicherste Alternative, weil nicht am Auge herumoperiert wird und es nicht bedeckt wird. Obwohl, eine Brille behindert manchmal in kritischen Situationen die Sicht, und bei einem Unfall kann sie gegen das Auge gedrückt werden. Sie können aber auch ohne Sehhilfe durchs Leben gehen, wenn auch mit verminderter Sicht. Nicht das absolute Risiko ist wichtig, sondern das relative Risiko aller Alternativen.
Hier ist ein extremes Beispiel: Aus dem dritten Stock zu springen birgt ein hohes Risiko. Würden Sie springen? Wenn Sie jetzt sofort nein sagen, dann haben Sie mein Argument noch nicht begriffen. Sie müssen fragen, wie riskant die Alternativen sind! Ich schließe Sie jetzt in eine Wohnung im dritten Stock ein und stecke das Haus in Brand. Zwanzig Minuten später stelle ich Ihnen die gleiche Frage. Springen Sie? Ja, weil die Alternative ein höheres Risiko birgt, nämlich lebendig zu verbrennen! Das relative Risiko ist wichtig. Natürlich hat das Springen aus dem Fenster in den allermeisten Situationen ein höheres Risiko als die Alternative, nicht zu springen.

Nun zu einem ersten Thema, wo der Denkfehler zu ernsten Problemen führt: Impfungen. Studien zeigen ganz klar, dass Impfungen ein Risiko beinhalten: Einige Kinder werden wohl ein lebenslanges Handicap davontragen. Die Kurzschlussreaktion einiger Eltern ist die Vermeidung von Impfungen. Was Sie aber nicht sehen, ist, dass die Alternative, also ein ungeimpftes Kind, mit noch mehr Risiken behaftet ist. In England gab es so eine Kontroverse vor ein paar Jahren, und die Zahl der Kinderkrankheiten und der Kinder mit Behinderungen schnellte in die Höhe. Ein gutes Beispiel, wie gutgemeintes Verhalten nicht immer zu positiven Resultaten führt! Klar, manchmal ist es schwierig zu entscheiden, welche Alternative ein höheres Risiko bringt. Ein gutes Beispiel ist die Schweinegrippe, weil es ein neuer Virus ist und man einfach keine guten und langjährigen Erfahrungswerte hat.

Also, wann immer Sie Angst vor einer risikoreichen Entscheidung haben, schauen Sie sich das Risiko der Alternative an! Und wenn beide Alternativen gleich riskant scheinen, würfeln Sie. Dann müssen Sie sich zumindest nachher nicht die Schuld geben!

1 comment:

Jerome said...

A nach e gudden, a wichtegen, Artikel.

Ech huelen un du kenns och dat Buch 'Risk' vum David Gardner? Et ass voll mat sou interessanten Beispiller, wou een wierklech un d'Nodenken kënnt.