Wie alt ist das Universum? Mit dieser Frage nerve ich oft Nicht-Naturwissenschaftler. Ich will aber gern herausfinden, in welcher Welt sie zu leben glauben.
Die interessanteste Antwort bekam ich von einem Baptistenprediger, der auf einem trans-atlantischen Flug nach San Diego neben mir saß: 4000 Jahre! Ich war etwas erschrocken, weil ich noch nie so jemanden getroffen hatte. Ich bat ihn freundlich, mir doch bitte die Fossilienfunde in Jahrmillionen alten geologischen Schichten zu erklären. Er antwortete schnell und selbstbewusst: Ah, das zeigt die Größe Gottes! Er lässt alles so aussehen, als wenn es Millionen
Jahre alt wäre! Hierzu hatte ich keine Antwort parat, weil der Mann völlig logisch denkt. Ein allmächtiger Gott kann das wohl auch! Natürlich kann seine Theorie nicht erklären, warum die riesigen Dinosaurierknochen sich nur in den oberen Schichten, in den ältesten dagegen nur Einzeller befinden. Eine Laune Gottes? Oder hatte Er einen Grund? Aber wem diese Details egal sind, und das ist es wohl den meisten, gläubig oder nicht, für den macht es keinen Unterschied!
Dem Rückgrat unserer Gesellschaft, der Mittelschicht der Anwälte, Lehrer, Journalisten, Architekten, und Ärzte, zieht diese Frage den Boden unter den Füßen weg. Über dieses Alter haben sich viele noch nie so richtig Gedanken gemacht, und sie scheinen auch kein Gespür für die kosmische Geschichte zu haben. Sie haben es auch nie in der Schule gelernt. Viele sagen ein paar Millionen Jahre. Und ich frage mich immer: Warum nur ein paar Millionen Jahre? Erstens scheint diese Zahl sehr alt und das Universum ist eben auch sehr alt. Zweitens haben sie eine
Zeitraffergeschichte im Kopf. Die ältesten Wandmalereien sind 5000 Jahre alt, die ersten Menschen gab es vor 50.000 Jahren, und die Erde ist eine Million Jahre alt. Müssten die, denen wir unsere Streitfälle, Kinder, Häuser, Nachrichten, und Körper anvertrauen, es nicht wissen? Sie wissen ja sehr viel über die Kultur, in der sie leben: Grammatikregeln, Orthographie, die aktuellsten Steuertricks, Literatur, und Kunst. Wen interessiert schon so eine fundamentale Frage der Menschheit? Wer Goethe oder Sartre nicht gelesen hat, mag ein Banause sein. Aber wer das Alter des Universum nicht kennt, lebt in einer Traumwelt.
Die wissenschaftlich befriedigendste Antwort kommt meistens von meinen weniger gesellschaftsfähigen Ingenieurs- und Informatikerfreunden und von denen ohne Ausbildung, die wahres Interesse und Neugierde zeigen: ein paar Milliarden Jahre. Sie hatten es nicht in der Schule, aber sie waren neugierig genug, es selbst herauszufinden. Die Zahlen sind selten genau, aber die Größenordnung stimmt. Die Dinosaurier lebten vor etwa 100 Millionen Jahren, und die Erde muss also viel älter sein, weil Leben sich ja sehr langsam entwickelt. Also ein paar Millarden Jahre, und das Universum ist eben noch etwas älter, also auch ein paar Millarden Jahre.
Die unbefriedigendste Antwort ist die Papageienantwort: die richtige Antwort ohne Verständnis. Da fühle ich mich in die Schulzeit zurückversetzt, als einige Streber alles ohne wahres Verständnis auswendiglernten. Sie haben halt die Zahl irgendwo gehört und sich daran erinnert. Aber warum und wie das Universum sich entwickelt hat, bleibt den Papageien verborgen.
Und es gibt auch die Antwortvermeider. Wie kann es eine Antwort auf diese Frage geben, denn die Zeit müsste ja dann irgendwo entstanden sein, was unmöglich ist. Wenn ich jemals des Mordes angeklagt bin, greife ich gerne auf die zurück. Ja, es ist möglich, das Alter unseres Universums zu bestimmen. Vielleicht gab es ja was vor dem Urknall, vielleicht auch nicht. Wir können aber sagen, vor wie vielen Jahren der Urknall war, weil wir den Effekt auch heute noch sehen. Die Sterne treiben auseinander. Blasen Sie einen Luftballon etwas auf, malen Sie zwei Punkte auf die Oberfläche und blasen Sie weiter auf. Die zwei Punkte bewegen sich voneinander weg, und genau das beobachten die Astronomen bei Sternen. Die Astrophysiker benutzen diesen Effekt und rechnen wie beim Zurückspulen eines Films aus, wann alle Punkte zusammen waren. Eine andere Methode misst das Alter der Sterne als unterste Grenze des Alters, und die ältesten Sterne sind über 10 Millarden Jahre alt.
Wie alt ist das Universum denn nun? Natürlich sage ich Ihnen das nicht. Sie würden sich nur an eine Zahl erinnern. Finden Sie es selbst heraus, und versuchen Sie zu verstehen. Dann betreiben Sie Wissenschaft, sonst sind Sie nur ein Papagei unserer
Friday, January 29, 2010
Die Papageien und das Alter des Universums
From my Science column at Tageblatt:
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2 comments:
"Dann betreiben Sie Wissenschaft, sonst sind Sie nur ein Papagei unserer [...???]"
Are you playing with us?? What happened to the end of the story?
Well, good science is that you try to find it out yourself. Google it! Wiki it! :-)
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